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Dienstag, 21. Februar 2012

41 minuten. in 4 minuten sollte er ankommen, noch so lange 4 minuten und dann noch der lange weg hierher, die ubahn wird auch extra langsam fahren, vielleicht verpasst er genau eine und wartet 7 minuten oder sogar 9 oder 10, das schlimmste sind die zweistelligen ziffern in der anzeige, ich weiß, ich bin verwöhnt, großstadtkind, aber zweistellig im winter ist furchtbar oder zweistellig bei der ubahn, während man so viel zeit hat, die gleise anzustarren -
40 minuten
ich will morgen nur lange schlafen und mit viel hunger und ausgeruht aufwachen, vollgeräumt mit seltsamen träumen aus der nacht, ich kann ruhig mit unbehagen aufwachen, wenn ich weiß, dass er neben mir ist, ich darf ihn aufwecken in der nacht und ihm von meinen träumen erzählen, er kriegt es zwar nicht mit und vergisst alles, was ich in der nacht mit ihm rede
39 minuten
aber er ist da und beweist mir, dass die realität doch  manchmal nicht das furchteinflößendste ist. jetzt ist er gleich da, vielleicht rollen sie schon ein.
38 minuten
morgen soll ein tag mit schönen wolken sein, die ich aus dem fenster beobachten kann. am mittwoch hab ich endlich begleitung ins krankenhaus, das dritte mal ins krankenhaus wegen dem bein, aber endlich nicht mehr als mitleidserregendes einsames mädchen (das vor sich herschluchzst, also echt) sondern ganz normal, WIE ALLE ANDEREN, mit begleitung, weil man eben nicht allein ins krankenhaus geht
37 minuten
schon gar nicht, wenn man den größten gips im warteraum hat und nur schlurfen kann und auf die ärzte angewiesen ist, um sich socken anzuziehen - das hätte man mit dem alten gips und dem richtigen bett (nicht mit so einer liege, die zwei meter über dem erdboden ist) auch geschafft, aber mit dem neuen nassen gips eben nicht und man ist auch noch zu vorsichtig
36 minuten
und keiner von den ärzten findet es notwendig, einem etwas über den fuß zu ziehen, also schlurft man mit nassem, barfüßigem fuß über den ganzen krankenhausflur zum wartebereich vom röntgen und wieder zurück, wo alle mit ihren straßenschuhen herumlaufen und man kommt sich vor wie eine mischung aus sterntaler, dem mädchen mit den schwefelhölzern und der abgefuckten frau, die man halt ist
35 minuten
aber diesmal werde ich eine schulter, nein, eine brust zum weinen haben, vielleicht muss ich gar nicht weinen, weil ich weiß, dass mir wer beisteht. endlich.
und es scheint, es wird wahr, dass er ab nächstem monat hier ist, dass er in mein kleines zimmer zieht, ich habe zwei wäschekommoden und heute hab ich eine schublade (es sind jeweils 4 große schubladen) für ihn freigeräumt, er kann hier einziehen
34 minuten
die katze schmeißt grad aus spaß türen zu, sie will mit dem schatten spielen und stemmt sich gegen die tür, es wäre gruselig, würde ich sie nicht so gut kennen, sie sind munter in der nacht
33 minuten
und es gibt eine turmuhr, nein, eine große uhr mit pendel, die richtig laut schlägt, irgendwo in der wohnung einer unserer nachbarn, oben unten nebenan, ich weiß es nicht, eine freundin meinte, sie dachte, die uhr wäre in unserer wohnung, weil sie so laut ist, gerade hat diese uhr geschlagen, sie geht also vor,
32 minuten
und keine sms dass er angekommen wäre, aber vielleicht ist er das doch schon, er muss nur einfach herkommen und wenn er anläutet macht das einen furchtbar grauslichen ton, also nicht schrill, aber schrill als mann mit bierbauch, irgendwie so klingt die glocke und ich muss aufmachen. ich fürchte mich jetzt schon vor dem ton, auch wenn ich dem entgegen fiebere, weil es bedeutet, dass er tatsächlich ankommt, aber gleichzeitig reißt es mich auch jedes mal
31 minuten
ob er die ubahn wirklich kriegt? diese extra langsame schneckenbahn, eins wies andere heute schneckenhaft, schildkrötenhaft, minutenhaft.
30 minuten
eine halbe stunde also noch, das sind die langsamsten halben stunden dieses jahres bislang, wobei ich gar nicht über so große begriffe wie jahre jetzt nachdenken will, weil ich von diesen großen begriffen bislang enttäuscht wurde, zweitausendzwölf, wenn nicht gerade die welt untergeht oder zumindest ich, dann ist es auf jeden fall schon das jahr der gebrochenen kniescheibe und der sechs wochen gips. das jahr, in das ich mit etwas aufbruchsstimmung und einem hoffnungsschimmer
29 minuten
hineingegangen bin und gedacht habe, ich pack das ich pack das und die angst ist aber noch immer dieselbe wie zweitausendelf und ich bin noch dieselbe und die welt ist auch noch genauso grau und die leute im bus sehen genauso stumpf und traurig drein wie vorher und ich denke mir nur, das kann nicht die außenwelt sein, von der mir permanent erzählt wird
28 minuten
dass sie so anders wäre als ich, ich denke, die sind doch alle genauso fertig wie ich oder nicht?

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